Myrrhe: Bitter und desinfizierend

Bitteres Heilmittel der Antike: Myrrhe
Bitteres Heilmittel der Antike: Myrrhe (Bild: pixabay)

Die Myrrhe gehört zu den ältesten bekannten medizinisch und kultisch verwendeten Pflanzen. Myrrhenharz schmeckt sehr bitter – nicht umsonst stammt der Name vom arabischen „murr“ (bitter).

Auch die Myrrhe (Commiphora myrrha), stammt aus den trockenen und heißen Gebieten Afrikas und Arabiens. Sie wächst in Somalia, Äthiopien, dem Jemen und im Sudan, einige Arten finden sich auch auf Madagaskar und in Vorderindien. Die wehrhaften Büsche oder Bäumchen sind mit spitzen Stacheln versehen, dazwischen wachsen kleine, gedrehte Blätter und Rispen mit hellen Blüten, aus denen später rote Beeren reifen. Geerntet wird der in der Luft zu gelb-rötlichem Harz eingetrocknete Saft ähnlich wie beim Weihrauch. Im Gegensatz zum Weihrauch lässt sich Myrrhe auch hierzulande züchten und ist in europäischen Klostergärten zu finden, etwa der Benediktiner-Abtei Evesham in Südengland.

Heilmittel für Wundreinigung und Wundheilung

Die Myrrhe gehört zu den ältesten bekannten medizinisch und kultisch verwendeten Pflanze – trotzdem wird sie immer wieder mit der Myrte verwechselt. Myrrhe wirkt desinfizierend, zusammenziehend und fördert die Wundheilung, denn das Harz soll die Rinde der Bäume bei Verletzungen schützen. Gleichzeitig bewirken die Inhaltsstoffe, dass sich das Gewebe zu- sammenzieht und verhindern das Wachsen von Pilzsporen und bestimmten Bakterien. Tinkturen mit Myrrhe helfen gut bei Entzündungen im Mund, Rachen und am Zahnfleisch. Die Volksmedizin nutzt Myrrhe bei leichten Darmerkrankungen, Husten und Heiserkeit. Dazu mischte man das Harz mit etwas Honig und nahm es ein oder löste es in heißem Wasser, um zu inhalieren. Sogar als Heilmittel gegen die Pest sollte die Myrrhe helfen, der Arzt Avicenna mischte aus ihrem Harz, Safran und Aloe seine Pestpillen.

Hilfe bei chronischen Darmerkrankungen

Heute wird Myrrhe auch bei chronischen Darmerkrankungen gegeben. Forschungen an der Universität Leipzig zeigen, dass das Harz eine krampflösende Wirkung hat. Hinzu kommt ein hoher Anteil von Bitter- und Gerbstoffen, die ebenfalls beruhigend auf die Verdauung wirken. Verstärken lässt sich die Wirkung durch Kamille und Aktivkohle.

Myrrhe: bitter und desinfizierend
Myrrhe: bitter und desinfizierend

Die bitteren Tränen der Königstochter

Wie der Weihrauch wird das Harz der Myrrhe verräuchert, sein Duft ist etwas herber und holziger. Im sumerischen Gilgamesch-Epos bedankt sich Utanapischti mit einem Rauchopfer aus Zeder, Süßholz und Myrrhe für seine Rettung vor der Sintflut. Die Ägypter opferten dem Sonnengott Ra morgens mit Weihrauch und mittags mit Myrrhe. Die griechische Mythologie kennt die Myrrhe als Smyrna. Smyrna verliebte sich in ihren Vater und verführte ihn. Sobald dieser seine Tochter erkannte, wollte er sie töten. Die Götter erhörten Smyrnas Bitte um Rettung und verwandelten sie in einen Baum. So lebt sie zwar bis heute weiter, vergießt aber bittere Tränen – das Harz der Myrrhe.

Mittel für Kosmetik und Parfums

In der Antike war Myrrhe trotz ihres bitteren Geschmacks als kosmetisches und medizinisches Heilmittel sehr beliebt. Man verwendete das pulverisierte Harz als Aphrodisiakum, Deodorant, Parfum oder Insektenmittel etwa gegen Flöhe. Bis heute ist Myrrhe vielen Parfums als Duftverstärker beigemischt. Hippokrates von Kos lobt das Harz als zusammenziehendes, austrocknendes Wundmittel und nutzt es gegen Geschwüre und zur Wundheilung. Der Jesus vor seiner Kreuzigung angebotene Wein war mit Myrrhe versetzt. Dies sollte eigentlich den Geschmack des Weines verstärken, führte jedoch zu einer betäubenden Wirkung.

Räucherware für die Toten

Myrrhe diente zur Einbalsamierung und war wichtiger Bestandteil des heiligen Salböls. Der Duft des verbrennenden Weihrauchs wird und wurde in vielen Religionen zu kultischen Handlungen verwendet, macht er doch die „Gegenwart Gottes für den Menschen sinnlich erfahrbar“, wie Dr. Bettina Winkler schreibt. Die bittere Myrrhe steht eher für das Opfer und die Aufopferung, als Gabe der Weisen gibt sie einen ersten Hinweis auf Jesu Tod. Beide Räucherharze finden sich in Bestattungsriten: bei der Mumifizierung im Alten Ägypten bis zur Todesliturgie im katholischen Gottesdienst, im Islam, im Judentum oder im Buddhismus.

Rezept: Myrrhen-Öl zum Einreiben

Zutaten: 200 ml Olivenöl, 10 Tropfen Myrrhentinktur
Zubereitung und Anwendung
Olivenöl gut mit der Tinktur verschütteln. Das Einreiben regt die Durchblutung an und hilft daher gegen kalte Füße oder lindert Bauchschmerzen.

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