Geheimtipp: Alexander-Technik

Veränderung bedeutet, entgegen einer lebenslangen Gewohnheit zu handeln. (F. M. Alexander) (Bild: Pixabay)

Die Alexander-Technik hilft uns auf sanfte Weise, achtsamer zu werden und uns wieder mit mehr Leichtigkeit und Freude zu bewegen.

Das Besondere an der Alexander-Technik ist, dass es nicht darum geht, etwas zu machen, sondern darum, einfach das wegzulassen, was überflüssig und auf Dauer sogar schädlich ist. Gemeint ist insbesondere unnötige Muskelanspannung, wenig hilfreiche Gedanken und Ängste sowie unbewusste Bewegungsgewohnheiten, die uns nicht guttun.

Gelingt uns das, geschieht das Richtige nahezu von selbst, wir bewegen uns wieder leichter, ressourcenschonender und mit mehr Freude. Interessanterweise geht uns auch vieles leichter von der Hand.

Bisher ist die Alexander-Technik hierzulande relativ wenig bekannt. Ganz anders ist das etwa in England, wo F. M. Alexander, der Begründer der Alexander-Technik, hauptsächlich wirkte. Diese ganzheitliche Bewegungsmethode bietet uns sehr gute Unterstützung, wenn es darum geht, mit gesteigerten Anforderungen gut klarzukommen. Dies gilt umso mehr, als viele von uns aufgrund der modernen Lebensweise oft viele Stunden am Tag sitzend verbringen und wir uns zu wenig oder zu unausgeglichen bewegen. Hinzu kommen die ständige Beschleunigung unseres Lebens im digitalen Zeitalter und ein durch Corona bedingter zusätzlich erhöhter Stresslevel. F. M. Alexander bemerkte schon vor hundert Jahren, dass die immer schnellere technische Entwicklung und die Art, wie wir unseren Körper nutzen, uns in Schwierigkeiten bringen würde.

Unsere Serie möchte einen Einblick in die Alexander-Technik und ihre Wirkweise beziehungsweise Prinzipien geben. Bevor wir die Methode und ihre Prinzipien genauer vorstellen, beschäftigen wir uns im ersten Teil unserer neuen Serie damit, wie die Methode entstand.

Der Begründer der Alexander-Technik

Frederick Matthias Alexander wurde 1869 in Wynyard in Australien geboren und verstarb 1955 im Alter von 86 Jahren in London. In seinen jungen Jahren war er Schauspieler und Rezitator, wobei seine Leidenschaft  insbesondere dem Rezitieren großer Shakespeare-Monologe galt. Seine Karriere begann vielversprechend. In zunehmendem Maße litt er jedoch unter Heiserkeit, die sich regelmäßig während seiner Auftritte einstellte und so stark sein konnte, dass ihm die Stimme versagte und er seine Darbietung abbrechen musste. Diese Problematik brachte ihn zur Verzweiflung und drohte seiner Karriere ein Ende zu setzen. Alle Versuche, durch medizinische Behandlungen und Sprechtraining Abhilfe zu schaffen, blieben jedoch erfolglos.

So entschloss Alexander sich, die Ursachen seiner Beschwerden selbst zu erforschen. Daher begann er mithilfe mehrerer Spiegel, in denen er sich beobachtete, systematisch zu verfolgen, was er beim Sprechen genau tat. Dabei bemerkte er, dass er während des Rezitierens seinen Kopf in den Nacken zog, Druck auf seinen Kehlkopf ausübte und hörbar Luft einatmete. Hörte er auf, den Kopf in den Nacken zu ziehen, half ihm das dabei, weniger Druck auf den Kehlkopf auszuüben und nicht so viel Luft laut einzusaugen. In der Folge verringerte sich seine Heiserkeit und seine Stimme verbesserte sich. 

In seinen lange andauernden Erkundungen gewann er Einsicht in grundlegende Zusammenhänge zwischen seiner Stimme und der gesamten Körperkoordination. So entdeckte er, dass er schon auf die Vorstellung des Sprechens mit Anspannung reagierte und dass er diese Anspannungsreaktionen nicht einfach unterlassen konnte. Indem er durch Innehalten und bewusste gedankliche Selbstanweisungen über Jahre hinweg schließlich einen Weg fand, sowohl nicht förderliche Verhaltensweisen zu unterlassen als auch neue und hilfreiche Verhaltensweisen erfolgreich umzusetzen, entwickelte er die Methode der Alexander-Technik.

Nun kamen andere zu ihm und baten ihn um Hilfe, Alexander entwickelte sich mehr und mehr zum Lehrer. So kam es, dass er die von ihm entdeckte Technik zuerst in Sydney und Melbourne, ab 1904 in London sowie teilweise während der Weltkriege auch in den USA unterrichtete. In den Zwanziger-Jahren des letzten Jahrhunderts begann er damit, seine Mehode an andere weiterzugeben. Den ersten offiziellen Ausbildungskurs startete Alexander Anfang 1931 in London. Heute gibt es weltweit etwa 3000 Lehrer:innen, die die Alexander-Technik unterrichten.

Was ist Alexander-Technik? 

Alexander-Technik ist ein ganzheitlicher Weg zu mehr natürlicher Körperdynamik, zu einer besseren Haltung und Beweglichkeit. Dies gilt für außen wie innen, Körper und Psyche, denn beides bedingt einander. Technik meint hier Methode, also eine Methode zur Verbesserung der eigenen Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten. Es ist ein freundlich geduldiges und nachhaltiges Praktizieren, lohnend, da die Alexander-Technik uns Sammlung und Erfrischung ermöglicht vor jedwedem Tun. 

Sie unterstützt uns dabei, unsere Wahrnehmung zu verfeinern, lässt uns Fülle, Komplexität, Verbundenheit und Lebendigkeit ganz direkt erleben, schiebt abstumpfende Routine beiseite und lädt uns ein, unseren eigenen Raum zu entdecken und einzunehmen, wie eine Bühne, die darauf wartet, bespielt zu werden. Scheinbar ganz schlicht, ohne jede Allüre, authentisch und gerade deshalb ein Wagnis, ein kreativer Akt, eine besondere Begegnung mit sich selbst.

Ein Großteil von Bewegung geschieht unbewusst, sodass die meisten von uns sich kaum mit der Frage auseinandersetzen, WIE wir uns bewegen. In der Alexander-Technik spricht man in diesem Zusammenhang von der Art und Weise, wie wir uns gebrauchen. Stattdessen sind wir in der Regel eher zielorientiert beschäftigt mit dem, WAS wir tun wollen. 

Als Erstes gilt es daher zu lernen innezuhalten. So kann sich Präsenz entfalten, Achtsamkeit, Wachheit. Wir beginnen, die eigene Körperdynamik zu begreifen.

Dass dies schwer zu fassen ist, liegt in der Natur der Sache, denn wir – Körper, Geist, Seele – sind ja immer in Bewegung. Wir sprechen hier also von einem höchst dynamischen Erleben. Interessanterweise zeigt die Erfahrung, dass unsere Lebensqualität deutlich besser wird, wenn wir das „Wie“ miteinbeziehen, indem wir durch das Innehalten lernen, ihm Raum zu geben und uns selbst dadurch besser zu verstehen. Blockaden lösen sich leichter und uns innewohnendes Potenzial wird frei, bisweilen intensiv, oft überraschend, immer erfrischend…

Kleine Übung: Balancieren

Beim Balancieren sind alle Sinne wach.

Nehmen Sie sich etwas Zeit bei einem Spaziergang, wenn sich eine Gelegenheit zum Balancieren ergibt, die Ihren Möglichkeiten entspricht. Bewegen Sie sich mit ausgebreiteten Armen, um das Gleichgewicht gut zu halten. Folgen Sie gedanklich der Schwerkraft nach unten, spüren Sie den Untergrund, auf dem Sie stehen und wie er Sie unterstützt. Denken Sie dann von unten von den Füßen her wieder nach oben, den ganzen Körper entlang, über den Hals, den Kopf und darüber hinaus weit nach oben – ähnlich einer Sprungfeder, die ganz leicht von unten nach oben springt. Elastisch, biegsam, geschmeidig. Atmen Sie tief ein und schauen Sie mit wachen Augen auf den Weg, der vor Ihnen liegt. Merken Sie, wie lebendig Sie mit allen Sinnen wahrnehmen? Genießen Sie das Gefühl von Raum und Spaß an der Bewegung.

Erfahren Sie mehr über die Entstehung der Alexander-Technik in der aktuellen NaturApotheke 

Mehr Infos zur Methode selbst und zu Anwendungen in der Praxis finden Sie dann in den nächsten Ausgaben der NaturApotheke.

geschrieben von
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